Artikel erschienen 2002 im "Contact" der Firma Chauvin-Arnoux
Die aussergewöhnliche Ausweitung des Einsatzes von Elektrizität in allen Lebensbereichen, zu Hause und im Beruf, und die immer engmaschiger werdenden Versorgungsnetze erfordern genaue Vorschriften für den Bau elektrischer Anlagen und deren Erdung. Zahlreiche nationale und internationale Normen regeln die Auflagen beim Bau elektrischer Anlagen, um die Sicherheit von Menschen, von Haustieren, von Nutztieren und von Sachwerten bei Benutzung elektrischer Anlagen zu gewährleisten.
Trotz alledem, die beim Bau vorgesehenen Sicherheitseinrichtungen müssen regelmäßig kontrolliert werden, um ihre Wirksamkeit auch im Laufe der Jahre sicher zu stellen. Sicherheitsmängel an elektrischen Anlagen können weitreichende Folgen haben:
Je nach Höhe der elektrischen Spannung, der eine Person (oder ein Tier) ausgesetzt ist, können die Auswirkungen von leichten über schwere Verletzungen bis zum Tod führen.
Für Menschen hat eine Arbeitsgruppe von Medizinern und Sicherheitsexperten die folgenden oberen Grenzwerte für eine dauerhaft ungefährliche Berührungsspannung festgelegt: 50 V AC in trockenen Räumen, 25 V AC in feuchten Räumen und 12 V AC für wassergefüllte Räume.
Herstellung einer Erdung
Als erste Sicherheitsmaßnahme schreibt der Gesetzgeber vor, dass elek-trische Anlagen mit einer Erdung versehen sein müssen. Durch sie lassen sich gefährliche Anhebungen des Massepotentials vermeiden und falls der Berührung zugängliche Masseflächen aus Metall oder leitfähigem Material durch Fehler unter Spannung stehen, kann diese zur Erde abfließen. Wenn eine solche Fehlerspannung irgendwo entsteht, fließt ein Fehlerstrom ("FI") zur Erde ab, der von Schutzeinrichtungen erkannt wird (z.B. einem Fehlerstrom-oder FI-Schutzschalter) und die Abschaltung der Stromquelle auslöst. Insofern sind also Erdungen stets mit einer solchen Abschaltvorrichtung zu verbinden, da sie sonst den Fehler nur "verdecken" und keinen wirklichen Schutz dar-stellen.
Wie groß darf der Erdungswiderstand sein?
In einer normgerechten und für Menschen "sicheren" Anlage müssen die Schutzeinrichtungen auslösen, sobald die Fehlerspannung in der Anlage einen Wert erreicht, der für den Menschen gefährlich werden kann. Nach den obigen Untersuchungen wollen wir daher einen Grenzwert von U Grenz = 25 V AC annehmen.
Die in Wohneinheiten eingebauten Fehlerstrom-Schutzschalter lösen im Allgemeinen erst bei einem Fehlerstrom von 500 mA zur Erde aus. Daher gilt nach dem ohm'schen Gesetz mit
U = Rl
R = 25 V / 0,5 A = 50Ω
Um die Sicherheit von Personen und Sachwerten ordnungsgemäß zu schützen, muss die Erdung also einen Widerstand von weniger als 50 Ohm aufweisen, oder R Erde < 50 Ω
Eine gute Erdung, d.h. eine Erdung mit weniger als 50 Ω Widerstand, hängt vor allem von drei Faktoren ab:
Nach den einschlägigen Normen können als Erder in Frage kommen:
Der mit einem Erder erzielte Widerstand gegen Erde hängt von seiner Form ab und von seinem Kontakt mit dem Erdreich, und letztlich natürlich vom spezifischen Erdwiderstand.
Der spezifische Erdwiderstand r (griechischer Buchstabe Rho) wird in Ohmmeter Ωm ausgedrückt.
Er entspricht dem theoretischen Widerstand eines Erd-Zylinders mit 1 m2
Querschnitt und 1 m Höhe.
Der spez. Erdwiderstand ist je nach Bodenbeschaffenheit stark unterschiedlich und hängt weiterhin sehr stark von der Feuchtigkeit und der Temperatur ab (bei Frost oder bei Trockenheit wird er höher).
Beispiele:
Bodenart |
Widerstand in Ωm |
Moore, Sümpfe | von 1 bis 30 |
Lößböden | 20 bis 100 |
Humus | 10 bis 150 |
Jura-Mergel | 30 bis 40 |
Toniger Sand | 50 bis 500 |
Quarz-Sand | 200 bis 3000 |
Weiches Kalkgestein | 1500 bis 3000 |
Rissiges Kalkgestein | 300 bis 500 |
Steinige, grasbewachsene Erde | 100 bis 300 |
Steinige Erde, nackt | 500 bis 1000 |
Glimmerschiefer | 800 |
Granit, Sandstein im Zerfallszustand | 1500 bis 10.000 |
Granit, Sandstein, sehr zerfallen | 100 bis 600 |
Wozu den Erdwiderstand messen?
Wann sollte man den Erdwiderstand messen?
Zur Messung des Erdwiderstands sind mehrere Verfahren bekannt. Das am meisten benutzte und das zuverlässigste Verfahren ist die 4-Punkt-Messung, das auch als Wenner-Verfahren bekannt ist.
Man sticht auf einer geraden Linie im jeweils gleichen Abstand a vier Elektroden (Stäbe) in den Boden. Zwischen den beiden End-Elektroden E und H speist man mit einer Stromquelle G einen Messstrom I ein und zwischen den beiden mittleren Elektroden ES und S misst man nun mit einem Voltmeter den Spannungsabfall V.
Hinweis: die in der Zeichnung in Klammer eingetragenen Bezeichnungen X, Xv, Y und Z entsprechen den früher teilweise benutzten Elektroden-Bezeichnungen E, ES, S und H.
Dieses Messverfahren wird heute von jedem Erdungsmessgerät verwendet: es speist den Messstrom I ein und misst den Spannungsabfall ΔV. Daraus errechnet sich der Widerstand R zwischen den Elektroden ES und S mit dem man nach der vereinfachten Formel p = 2 π a R den spezifischen Erdwiderstand ermitteln kann. Dabei ist:
p : spezifischer Erdwiderstand in Ωm an der Stelle 0 mitten zwischen den
beiden Elektroden ES und S und in einer Tiefe h = 3a/4
a : Elektrodenabstand in m
R : Am Ohmmeter abgelesener Wert in
Die Energieversorgungsunternehmen schlagen für a einen Wert von mindestens 4 m vor.
Messung des Widerstands an einer vorhandenen Erdung
Oft möchte man nachträglich den Erdungswiderstand eines vorhandenen Erdungssystems messen, um zu prüfen, dass es die Sicherheitsnormen erfüllt, d.h. wie oben ausgeführt, soll R Erde < 50Ω sein.
Je nach Aufbau des Erdungssystems kann man dazu verschiedene Verfahren
benutzen.
Welches Verfahren soll man benutzen?
E ist der zu messende Erdungspunkt.
Mit einer geeigneten Stromquelle G speist man einen konstanten Wechselstrom I über den Hilfserder H ein, den sog. Einspeisepunkt, der dann über den vorhandenen Erder E zu G zurückfließt.
Nun misst man den Spannungsabfall V zwischen dem Erder E und einem Punkt im Gelände zwischen E und H, der als "Nullpotenzial-Punkt" gilt, und an dem man die Elektrode S (bzw. Y) einsteckt (siehe unten). Aus der gemessenen Spannung V und dem eingespeisten Strom I errechnet sich der Erdungswiderstand nach der einfachen Formel: R Erde = V ES / I EH
Wichtiger Hinweis
Ein über eine Elektrode in die Erde geleiteter Strom fließt natürlich zunächst über den Kontaktwiderstand des Erders ins Erdreich und verteilt sich dann.
Je weiter man sich von der Elektrode entfernt um so mehr "Kontaktwiderstände" liegen im Erdreich zueinander parallel und deren Ersatzwiderstand wird praktisch zu Null. Ab diesem Punkt kann zwischen Elektroden E und H ein beliebig großer Strom fließen, an der Erdoberfläche ist das Potenzial praktisch Null. In der Nähe jeder Elektrode baut sich ein stromdurchflossener Einflussbereich auf (der sog. Potenzialtrichter) dessen Form und Größe man nicht genau kennt.
Um die Messung nicht zu verfälschen, muss man also den Hilfserder S in einen Nullpotenzial-Punkt einstechen, der weit genug von den Potenzialtrichtern um die beiden vom Strom I durchflossenen Elektroden E und H entfernt ist.
Die verschiedenen Messverfahren
Das sog. geradlinige 62%-Verfahren (mit 2 Stäben)
Bei diesem Verfahren werden zwei zusätzliche Elektroden (oder Hilfserder) benutzt, um den Strom einzuspeisen und den Nullpotenzial-Punkt zu erhalten. Die Lage der beiden Hilfserder in Bezug zu dem zu prüfenden Erder E (X) ist dabei ganz wesentlich.
Wie oben ausgeführt, ist es wichtig, den Hilfserder S für das Nullpotenzial
möglichst weit außerhalb der Potenzialtrichter um die Erder E und H durch die
der Strom I fließt, anzubringen.
Zahlreiche Messungen im Gelände haben gezeigt, dass man die beste Messgenauigkeit erhält, wenn man den Hilfserder S auf der Verbindungslinie zwischen E und H (= 100%) in 62% Abstand von E einsteckt.
Danach vergewissert man sich, dass die Messung möglichst gleich bleibt, wenn man den Hilfserder S auf der Verbindungslinie E H um jeweils 10% weiter oder näher zu E einsteckt (Punkte S' und S'').
Ändert sich der Messwert gegenüber Punkt S so befindet man sich im Einflussbereich eines Potenzialtrichters. Dann sollte man den Abstand E H vergrößern und die Messungen erneut vornehmen.
Um gute Ergebnisse zu erzielen, sollte der Abstand zwischen E und H mindestens 25 m betragen (bzw. 15,5 m zwischen E und S).
Das Dreieck-Verfahren (mit 2 Stäben)
Auch bei diesem Verfahren werden zwei zusätzliche Elektroden (oder Hilfserder) eingesetzt. Man benutzt es, wenn das obere Verfahren aufgrund von Platzverhältnissen nicht durchführbar ist. Das Dreieck-Verfahren ist allerdings prinzipbedingt weniger genau als das 62%-Verfahren.
Ergeben die 1. und die 2. Messung sehr unterschiedliche Werte, befindet sich Hilfserder S in einem Potenzialtrichter. Die Abstände sind dann zu vergrößern und die Messungen sind erneut vorzunehmen. Erhält man nur um wenige % unterschiedliche Werte, kann die Messung als korrekt angesehen werden.
Prinzipbedingt liefert dieses Messverfahren ungenauere Werte, denn auch beinahe beieinander liegenden Ergebnissen der beiden Messungen kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Einflussbereiche der Potenzialtrichter überlappen. Um diesen Effekt auszuschließen, sollte man den Abstand EH vergrößern und eine zweite Serie von Messung vornehmen.
Abgewandeltes 62%-Verfahren (1 Stab)
(gilt nur für TT- oder IT-Netze mit Impedanz)
Bei diesem Verfahren muss der Erdanschluss nicht aufgetrennt werden und man benötigt nur einen Hilfserder S.
Man betrachtet hierbei die Erdung H des Verteilertransformators als den zweiten Hilfserder und der zu prüfende Erdanschluss E kann entweder direkt an der Gebäudeerdung (soweit zugänglich) oder am Schutzerdeleiter PE der Anlage abgegriffen werden.
Das Messprinzip ist dasselbe wie beim 62%-Verfahren: der Hilfserder S ist in 62% Abstand von E in Bezug zum Gesamtabstand E H (= 100%) einzustecken, um einen Nullpotenzial-Punkt zu erhalten.
Der gemessene Spannungsabfall ist durch den eingespeisten Strom zu dividieren und man erhält den Erdungswiderstand.
Die Unterschiede zum "normalen" 62%-Verfahren sind:
Bei Gebäuden in der Stadt ist die Messung des Erdungswiderstands oft problematisch, da keine Hilfserder eingesteckt werden können.
Durch eine Messung des Erdschleifenwiderstands über das Stromnetz muss man im Stadtgelände keine Hilfserder setzen und kann die Messung direkt an der Steckdose vornehmen.
Der so gemessene Erdschleifenwiderstand enthält bei diesem Verfahren natürlich zusätzlich zum Widerstand der Gebäudeerdung den Widerstand der Transformatorerdung und die ganzen Kabelwiderstände, die allerdings im Normalfall sehr klein sind.
In jedem Fall gilt hier: R gemessen > R Erde
Der größere Messwert bedeutet ein Plus an Sicherheit, da der tatsächliche Erdungswiderstand kleiner ist.
Die Sicherheitsnormen gehen davon aus, dass man den Erdschleifenwiderstand als Maß für den Erdungswiderstand benutzen kann, um die Sicherheit einer Anlage gegen indirekte Berührungsspannungen zu gewährleisten.
Hinweis: Bei TN- oder impedanten IT-Netzen kann man durch Messung des Schleifenwiderstands auch den Kurzschlussstrom berechnen und so die Schutzeinrichtungen entsprechend dimensionieren.
Messungen mit der Erdungsprüfzange
Manche elektrischen Anlagen sind mit mehreren parallelen Erdungsanschlüssen versehen, insbesondere in Ländern, in denen die Energieversorger die Erde zusammen mit der Elektrizität in die Haushalte verteilen.
Besonders in Gebäuden mit empfindlichen elektronischen Geräten empfiehlt sich eine Vermaschung der Erdleiter mit mehreren Erdanschlüssen um eine große äquipotenziale Massefläche zu erhalten.
Bei solchen Netzen kann die Sicherheit sehr schnell durch die Benutzung von Erdungsprüfzangen sicher gestellt und geprüft werden.
Die Anlage muss dazu nicht von der Erdung getrennt und es müssen keine Hilfserder eingesteckt werden. Durch einfaches Umschließen des Erdungskabels mit der Prüfzange kann man den Erdungswiderstand und die
zur Erde abfließenden Ströme messen.
Eine Erdungsprüfzange verfügt über zwei Wicklungen: eine "Generatorwicklung", die im umschlossenen Leiter einen Strom erzeugt, und eine "Messwicklung", die den durch ihn fließenden Strom misst.
Wir haben es hier mit einer Vielzahl paralleler Erdanschlüsse zu tun, so dass der sich daraus ergebende Ersatzwiderstand R Ersatz praktisch vernachlässigbar klein wird. Für den Gesamtwiderstand der Erdschleife gilt:
R Schleife = R X + R Ersatz mit R Ersatz = Parallelschaltung von n Einzelwiderständen
Da R X >> R Ersatz kann man näherungsweise sagen, dass R Schleife &Mac197; R X
Eine Erdungsprüfzange kann man besonders gut für die Erdungswiderstandsmessungen an
Eine hohe Kopplung zwischen zwei Erden kann eine Gefahr für die Sicherheit von Personen und/oder Sachwerten darstellen.
Wenn z.B. durch einen Fehler im Mittelspannungsnetz (MS) ein hoher Fehlerstrom bei M zur Erde abfließt, kann dies zu einer Anhebung des Massepotenzials führen und damit den Neutralleiter über dessen Erdung N auf eine gefährliche Höhe anheben.
Wenn beispielsweise ein Blitz in den MS/NS-Transformator einschlägt, kann die kurzzeitige Potenzialerhöhung mehrere kV betragen.
Das für Erdkopplungsmessungen verwendete Verfahren entspricht dem geradlinigen 62%-Verfahren.
Die Einstechpunkte für die Hilfserder H (Stromrückführung) und S (Null-Bezugspotenzial) sind dabei so zu wählen, dass:
Die Messung der Erdkopplung wird nun wie folgt vorgenommen:
Wichtig : Nicht vergessen die Erdung des NS-Netzes wieder herzustellen (A schließen!)